Nitsa Ben-Ari, Dafna Mach (TRN) Romanze mit der Vergangenheit

Annotation

Der deutsch-jdische historische Roman des 19. Jahrhunderts war in der jdischen Literatur ein neues Phnomen, hervorgegangen aus der Notwendigkeit, das deutsch-jdische Publikum mit Lesestoff zu versorgen. Da der historische Roman beim deutschen Publikum sehr beliebt war und im Kulturkampf wirksam eingesetzt werden konnte, bernahmen ihn fhrende jdische Persnlichkeiten als Vehikel zur Verbreitung von Ideen. So diente er dazu, neue Vorstellungen von Juden und Judentum zu entwickeln sowie die jdische Geschichte neuzuschreiben, jeweils nach den ideologischen Bedrfnissen der beiden Haupt-Akteure im Kampf um die Emanzipation der Juden: die Neo-Orthodoxie und die jdische Reformbewegung. Rabbiner, Lehrer und sonstige Persnlichkeiten des ffentlichen Lebens wie Markus Lehmann, Ludwig (und dessen Bruder Phbus) Philippson, Hermann Reckendorf und andere schrieben Dutzende von Romanen, die zunchst in den beiden groen jdischen Zeitungen erschienen (in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" und im "Israelit"), anschlieend auch in Buchform. Romane wie "Akiba", "Jacob Tirado", "Die Geheimnisse der Juden" wurden vor allem von der Jugend viel und gern gelesen. Die Verfasser umgingen zwar alles Nationale an der jdischen Geschichte, aber die Wahl der Themen und Motive sowie das Auftreten von jdischen Helden waren dazu angetan, Stolz auf Juden und Jdisches zu wecken. In Osteuropa wurden die Romane gleich nach Erscheinen ins Hebrische bersetzt, bzw. auf hebrisch neu geschrieben und dort in den Dienst der jdisch-nationalen Erweckung gestellt. Zusammen mit philosemitischen Romanen wie "Daniel Deronda" oder "Tankred" spielten sie eine nicht unwesentliche Rolle bei der Herausbildung eines jdischen Nationalbewusstseins und bei der Schaffung einer jdischen National-Literatur zunchst in Europa und dann in Israel.